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TrainerKontaktBrief 12/98_ Methoden

KörperorientierteMethoden im Training Monika Bartelt und Christoph Swoboda

Körperarbeit, wie sie die humanistische Psychologie (z.B. in der Bioenergetik) in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat, im Training zu verwenden, scheint ein gewagter Schritt zu sein. Ausdrucksübungen, die mit Toben und Schreien verbunden sind, berühren ein Tabu, stoßen an das Gebot von Zurückhaltung und Besonnenheit. Körperarbeit muß jedoch nicht immer laut und wild sein, und manchmal sind zehn Minuten „zappeln“ besser als ein verspannter Arbeitstag.

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Trainer-Kontakt-Brief 12/98 - Nr. 25

Der Körper ist das Instrument mit dem wir ins Leben treten. Körperliche Befindlich-keiten entscheiden über Auftreten, Ausstrahlung und subjektives Wohl-befinden. Seelische Anspannungen, Streß und Überlastung, schlagen sich in Verspannungen nieder. Diese muskulären Verspannungen behindern die Ausdrucks-möglichkeiten, stören die emotionale Ausgeglichenheit und verringern E-nergie und Leistungsfähigkeit. Ausfälle und Blockaden sind die Folge. Als Trainer erleben wir solche Zustände bei uns selbst als Unsicherheit, Hemmung bis hin zum „Blackout“, im Team begegnen sie uns als Widerstände, Unaufmerksamkeit und herabgesetzte Auf-nahmefähigkeit. Körperübungen und körperorientierter Stressabbau sind deshalb effektive Hilfen in nahezu allen Lebens- und Arbeits-situationen. Sie eignen sich besonders zur AKTIVIERUNG (morgens vor Arbeitsbeginn oder nach der Pause), ZENTRIERUNG (vor dem Einstieg in ein Thema und vor der Pause) sowie zur ENTLADUNG (Entlastung in emotional aufgeladenen Situationen). Die Arbeit damit ist genial einfach: In einem kurzen Augenblick des Innehaltens frage ich mich, ob ich mich wohl fühle. Wenn ja - weitermachen, wenn nein - Zeit für eine Übung.

Praxisbeispiel: Eine eingefahrene Situation in einem Teamentwicklungs-workshop. Die Stimmung ist gereizt, die Kommunikation reduziert sich auf Beschuldigungen,

Forderungen und Klagen. Unbeweglichkeit und Lähmung macht sich breit, die Situation ist kurz gesagt „zum Kotzen“. Ich setzte eine Zäsur und biete, bevor ich die Teilnehmer in Einzelarbeit schicke, eine Übung an (siehe Kasten). Akute Verspannungen und Blockaden können, wie im obigen Beispiel beschrieben, erfolgreich abgebaut und ausagiert werden. Sie verschwinden im Normalfall, wenn die belastende Situation gebrochen und der seelischen Spannung die Möglichkeit zum körperlichen Ausdruck gegeben wird. Dabei setzt körper-orientierter Stressabbau, im Gegensatz zu Ausgleichssport, direkt an den mit der seelischen Anspannung korrespondierenden Muskelspannung an.

Aufklärung der Teilnehmer wichtig

Bevor Sie mit der Übung beginnen ist es wichtig, den Teilnehmern den Sinn und die Funktion der Übung transparent zu machen und sie als Teil des gesamten Teamentwicklungsprozesses zu verankern! Unser Körper verkörpert unsere Geschichte. Alte (oft schmerzhafte) Lebenserfahrungen werden in Haltungen und chronischen Verspannungen ganzer Muskelpartien gespeichert. Sie bestehen und wirken als unbewußte körperliche Haltungen weiter, lange nachdem die ursächliche Belastung vorbei ist. Sie führen beispielsweise dazu, daß wir uns immer wieder in ähnlichen, scheinbar aussichtslosen Überforder-ungssituationen wiederfinden. Die Arbeit hiermit übersteigt die Möglichkeiten des Trainers und des Unternehmens.

Sie gehört in die Hände erfahrener Therapeuten. Um als Trainer in die Lage versetzt zu werden, körperorientierte Techniken erfolgreich einzusetzen und oder spezielle Übungen für besondere Erfordernisse zu entwickeln, ist es sinnvoll selbst eine längere und tiefergehende Erfahrung mit körperorientier-ter Selbsterfahrung zu machen. Erst erfahre-nes Wissen über die Zusammenhänge zwi-schen Verhaltensmustern und Haltungen, zwischen seelischen Konflikten, geistigen Blockaden und körperlicher Starrheit ermöglicht die bewußte Intervention. Dies geht weit über angelernte Techniken hinaus! Gerade Menschen, die mit Menschen arbeiten, sollten, für sich selbst und für ihre Arbeit, einige dieser (Selbst-)Erfahrungen gemacht haben. Das Angebot für körperorientierte Selbsterfahrung ist vielfältig. Unter anderen bietet das „heinrichs-heinrichs Institut für Bewußtsein und Selbsterfahrung“ bundesweit Wochenendseminare, Abendgruppen, Jahresgruppen in München und Berlin sowie Ferienseminare in der Toskana an. Wer sich einen Eindruck verschaffen will, kann das z.B. im März 99 bei einem Schnupper- und Auswahlwochenende des 4-Jahreszeiten-Trainings Berlin, oder an einem der Info-abende im Februar oder März in Berlin tun

Das war 1998. Das "heinrichs-heinrichs institut" heißt seit dem Auscheiden von Salama Inge Heinrichs, "Heinrichs-Swoboda Institut für expressiv emotionale entlastung (eeE) und Psychotherapie."
Mehr unter www.heinrichs-swoboda.de

 




Übungsname: „Zum Kotzen“, Funktion: Stressabbau, Entladung, Zentrierung


Die Übung besteht aus 4 Phasen à 3-5 Minuten, die mit spezieller Musik unterstützt werden.
Während der Übung stehen die Teilnehmer im Kreis, mit nach auß en gewandten Gesichtern und geschlossenen Augen.

1.Phase: Die momentane Stimmungslage (“zum Kotzen”) wird aufgegri ffen und in körperlichen Ausdruck umgesetzt: Breitbeinig stehen, Knie weich, Grimasse, herausgestreckte Zunge, lautes “Buuääh”, wegwerfende Handbewegungen vom Mund Richtung Boden.

2.Phase: Die zurückgehaltene Energie wird in Bewegung umgesetzt: Hände schütteln und kneten, Jonglierbälle zusammenpressen oder Zeitungspapier so klein wie möglich zerknüllen, Beschimpfungen murmeln oder auch nur denken.

3.Phase: Die Teilnehmer verschaffen sich Raum und atmen durch: Mit den Ellenbogen kräftig zur Seite schlagen und mit den Füß en stampfen, Ausrufe wie “Platz da!”, “Weg hier”, “Jetzt bin ich hier!”

 4.Phase: Die Teilnehmer kommen zur Ruhe und erden sich: Ruhig und fest auf dem Boden stehen, tief atmen, die Aufmerksamkeit in den Körper richten, auf die Energie lauschen, die den Körper durchströmt. Der Trainer suggeriert Sätze wie “Ich bin wichtig”, “Ich bin ein wichtiger Bestandteil des Teams” oder “Ich habe im Team etwas zu geben”

Nach der Übung ist der Kopf klarer, der Körper entspannter. Selbstwert und Selbstwahrnehmung werden gefördert, die Bereitschaft Lösungen beizutragen wächst, die anschließende Einzelarbeit wird sich effektiver gestalten.

 

 

 

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